Toll, was Al Gore mit „Live Earth“ da auf die Beine gestellt hat. Auch wenn fraglich ist, welche Motive die Künstler mit ihrem neu entdeckten Umweltbewusstsein verfolgen, so finde ich es trotzdem wichtig, dass sich Al Gore so unermüdlich für das Thema Umwelt einsetzt und mit Live Earth ein Riesen-Event auf die Beine gestellt hat. Zumindest wird das Thema so einmal wieder auf die politische Tagesordnung gesetzt. Denn es ärgert es mich schon die längste Zeit, dass die Umweltbewegung von der Cillit-Bang-Generation abgelöst wurde: Statt schonend für die Umwelt zu sein, müssen Putz- und Waschmittel heute in erster Linie schnell sauber machen.

Noch viel besorgniserregender finde ich die Entwicklungen bei den elektronischen Geräten: Weil die Speicherkapazitäten exponentiell steigen, ist es besser, immer wieder neue Produkt zu kaufen. Aufrüsten lassen sich die meisten leider nicht, wäre ja auch zu blöd, wenn die Leute nicht mehr neue Produkte kaufen. Ebensowenig zahlen sich Reparaturen aus: Erstens ist es meist genauso teuer, wenn nicht gar billiger, sich ein neues Produkt zu kaufen, zweitens ist das neue meistens besser.

Mir ist das zum Beispiel bei meiner ersten Digitalkamera passiert, meiner geliebten Nikon Coolpix, die nach nicht einmal drei Jahren einfach den Geist aufgab. Ich habe sie nach wie vor bei mir zu Hause, denn sie wegzuwerfen, das bringe ich einfach nicht übers Herz. Eine neue zu kaufen, war aber dann doch einfach sinnvoller. Was ich aber noch viel weniger einsehen will ist, dass weder das Aufladegerät noch der Akku in einem anderen Fotoapparat der gleichen Marke verwendet werden können. Was also tun damit? Wegwerfen, na klar (kommt mir nicht in die Tüte und so ist meine Wohnung vorläufig der Müllplatz…). Es will mir einfach nicht einleuchten, warum die Firmen nicht zumindest verpflichtet werden, einheitliche Aufladekabel zu produzieren. Nicht nur, dass es unpraktisch ist, wenn jedes elektronische Gerät ein anderes Kabel braucht (besonders toll auf Reisen). Ich finde es auch unerträglich, dass hier einfach von vornherein Müll produziert wird, der sich vermeiden ließe.

Ein ähnliches Kapitel sind Handys: Jedes Jahr ein neues, das muss schon sein. Aber nicht nur, weil alle so blöde Modefanatiker wären, nein, die meisten bekommen nach spätestens eineinhalb Jahren irgendwelche Macken. Zudem können die neuen Modelle mehr, weshalb ich inzwischen einige Geräte bei mir zu Hause rumliegen habe. Ein guter Tipp aber ist, die alten Handys bei Sammelboxen abzugeben, die inzwischen von immer mehr Organisationen angeboten werden.

Aber ich hatte eine andere Idee für eine Weiterverwertung: Mein Vater spielte andauernd mit dem Gedanken, sich auch ein Handy zuzulegen, sah sich immer neugierig meines an, verwarf das aber dann doch wieder. Deshalb schenkte ich ihm eines, das ich nicht mehr verwendete, das aber noch recht neu war, denn die meisten Funktionen braucht er ja ohnehin nicht. Das Problem: Es hat einfach Macken, denn nach mehr als einem Jahr ist es einfach zu alt.

Die Folge von all dem: Mehr Müll, und noch dazu mehr gefährlicher Müll. Vor Monaten habe ich im französischen Fernsehen eine Reportage gesehen, in der ein Journalist versuchte, illegal elektronischen Müll nach Asien zu verkaufen. Nicht nur dass das funktioniert hätte, noch dazu wurden die „Werkstätten“ gezeigt, in denen die Menschen, vor allem Kinder, die Geräte auseinander nahmen, natürlich ohne Sicherheitsvorkehrungen…

Würde Live Earth dazu beitragen, dass all diesen Probleme ein bisschen mehr Beachtung geschenkt wird, würde ich das großartig finden. Meine Befürchtung ist allerdings, dass es nach dem Event wieder ruhig wird um das Thema… Wäre schön, wenn ich mit meiner Befürchtung falsch liegen würde, denn ich bin davon überzeugt, dass allein schon was gewonnen wäre, wenn die Elektrofirmen unter Druck gesetzt würden, darüber nachzudenken, wie sie Müll vermeiden können. Es muss ja nicht immer die große Politik sein, die etwas bewirkt. Schließlich haben auch wir KonsumentInnen ein Wörtchen mitzureden. Wäre schön, wenn sie wie schon bei den Verpackungen hier Druck machen würden.

PS: Ich habe mich mal auf die Suche gemacht, wie das denn mit Cillit Bang und der Umweltverträglichkeit ist, nicht dass es heißt, ich würde das Produkt in Verruf bringen. Zu finden war nichts, das besorgniserregender wäre als bei anderen Produkten auch. Mir geht es aber auch nicht um das Produkt, sondern um das Prinzip, mit dem es wirbt.

PPS: Al Gores Engagement ist nicht übrigens neu, mit dem Buch Wege zum Gleichgewicht. Ein Marshallplan für die Erde hat er schon vor mehr als zehn Jahren, damals noch als US-Vizepräsident unter Bill Clinton, darauf aufmerksam gemacht, dass es hier eines Umdenkens bedarf.