Es muss wohl daran liegen, dass im Begriff Homosexualität der Begriff „Sex“ steckt – und dass genau dieses Thema in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabu ist, Feuchtgebieten und Shades of Grey zum Trotz. Zumindest würde dies erklären, dass der Begriff Homosexualität schnell Assoziationen an Sexpraktiken auslöst – und zwar durchaus auch bei Menschen, die nicht homophob sind. Es scheint, als dürften „wir“ genau bei dem Thema dieses Tabu überwinden und darüber reden. Es erklärt auch, warum davon geradezu eine Faszination ausgeht, immerhin ist auch das einem Tabu inhärent: Es darf nicht gebrochen werden und doch will man nichts lieber als genau das.

Es ist allerdings menschenunwürdig, wenn ein Mensch nur auf eine Dimension reduziert wird. Die menschliche Identität hat viele Facetten, die Sexualität ist nur eine davon, wenn auch eine sehr schöne und wichtige. Thomas Hitzlsperger bringt es sehr gut auf den Punkt, wenn er auf die Frage, ob er andere homosexuelle Profi-Fußballer kenne, nach dem Nein hinzufügt: „Sie dürfen auch nicht glauben, dass wir ständig über unser Privatleben gesprochen hätten in der Kabine.“

Mir persönlich ist es völlig unverständlich, wie man etwas anstößlich finden kann, das nur einem Zwecke dient: Eine Person glücklich zu machen. Aber nun bin auch ich bei Sex hängengeblieben. Dabei ist etwas anderes noch viel wichtiger: Es geht um Liebe. Ja, es geht schlicht und einfach darum, dass eine Frau eine andere Frau oder ein Mann einen anderen Mann LIEBT. Diese Vielfalt der Lieben muss endlich als Normalität in unserer Gesellschaft anerkannt oder zumindest akzeptiert werden. So lange dem noch nicht so ist, bleiben öffentliche Outings wie jenes von Thomas Hitzlsperger über etwas, „das uns eigentlich nichts angeht“, leider wichtig und hilfreich. Die tieferliegende Problematik hat HR-Redakteurin Esther Schapira in mit sehr klaren Worten auf den Punkt gebracht. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.