So ist das: Wenn man von Berufs wegen viel schreiben muss, kommt oftmals das private Schreiben zu kurz, und der Weblog liegt brach. Ebenso geht es mir mit dem Lesen, denn zwar lese ich tagtäglich wohl tausende von Buchstaben, aber für die Muße ist die Zeit oft nicht mehr da.

Aber statt zu jammern möchte ich hier lieber ein Buch empfehlen, das ich erst kürzlich fertig gelesen habe und das mich sehr beeindruckt hat: „La racaille de la République“ von Fadela Amara und Mohammed Abdi. Darin schildern die Vorsitzende und der Generalsekretär des Vereins „Ni putes ni soumises“ (Weder Huren noch unterworfene) ihren Lebensweg und die Hintergründe für ihr politisches Engagement.

Der Verein sorgte für Aufregung, weil er ein Thema aufs Tapet brachte, das weitgehend ignoriert wurde, wenn über die triste Lage junger Menschen in den französischen Vorstädten diskutiert wurde: Die Unterdrückung der dort lebenden jungen Frauen durch patriarchale Strukturen, die durch den steigenden Einfluss von islamistischen Ideen noch einmal schlimmer zu werden droht.

Sie spiele das Spiel der weißen Franzosen, wurde Amara und ihrem Verein vorgeworfen, da sie jene an den Pranger stelle, die damit mit weiteren Diskriminierungen zu leben hätten. Vorwürfe wie diese versuchen die beiden mit ihrem Buch zu entkräften. Es ist ein Bekenntnis für die Rechte der jungen Frauen in den französischen Vorstädten, gegen deren Unterdrückung durch patriarchale Strukturen der Familien sowie gegen die Diskriminierung der Jugendlichen der dritten Generation, für das säkuläre Frankreich und bessere Bildungs- und Berufschancen jener FranzösInnen, deren Eltern oder Großeltern auf der Suche nach einem besseren Leben nach Frankreich kamen – und die als billige Arbeitskräfte gerne (zumindest damals noch) aufgenommen wurden.

Es ist ein beeindruckendes, wenn auch zum Teil ein wenig träumerisches Buch (etwa wenn die beiden darüber sinnieren, was sie tun würden, wenn sie Präsident wären). Es wirft noch einmal ein anderes Bild auf die Lebensumstände in den französischen Vorstädten, die seit den Unruhen im Herbst 2005 wieder in den Blickpunkt der politischen Debatten in Frankreich gerückt ist.