Was für ein Tausendsassa, dieser Francois Hollande: Kaum gewählt, schon wird eine vielfältige Regierung mit 50-Prozent-Frauenquote ernannt, reist er mit dem Zug statt mit dem Flugzeug, werden MinisterInnen-Bezüge gekürzt, sollen Manager-Gehälter beschränkt werden und nun reduziert er auch seinen eigenen Security-Staff.

Nun kann man natürlich nicht wissen, ob Hollande und seine Regierung nicht auch sonst sehr bald einige dieser Maßnahmen gesetzt hätten. Doch da da die Parlamentswahl naht, stehen er und die Sozialistische Partei natürlich unter Zug-/Erfolgszwang und dies erklärt die große Eile. Ein bisschen an der Oberfläche wurde ja bereits gekratzt, als bei näherem Hinsehen deutlich wurde, dass die 50-Prozent-Frauenquote nur halb so toll ist, da Frauen weiterhin in den Schlüsselministerien unterrepräsentiert sind.

Die Libération hat in ihrer gestrigen Ausgabe in Sachen Geschlechtergleichheit und Vielfalt noch einmal genauer hingesehen und auch die Kabinette unter die Lupe genommen. Dort sieht die Bilanz leider nicht mehr so glänzend aus.

Zum Thema Geschlechtergerechtigkeit: Bis Mittwoch waren 14o Kabinettsmitglieder ernannt worden, nur 38 von ihnen waren Frauen und von ihnen waren wiederum fünf Kabinettsdirektorinnen, vier stellvertretende Kabinettsdirektorinnen und fünf Kabinettschefs.

Zum Thema Vielfalt: Tja, wie misst man nun diese? Die Libération ging danach, ob die Namen französisch klingen, gesteht aber ein, dass dies diskussionswürdig ist. Sie kamen gerade einmal auf fünf Mitglieder. Doch auch wenn die Methode fragwürdig ist, so kann man sehr wohl davon ausgehen, dass die Libération mit ihrer Einschätzung richtig liegt: „Das Foto aus den Gängen der Ministerien ist weniger idyllisch als das Familienfoto vor dem Sitz des Premierministers.“

Im Interview spricht Politikwissenschaftler Alain Garrigou über Hintergründe für dieses Phänomen. Der wesentlichste liegt – wenig überraschend – in den Rekrutierungskanälen in der Politik, Stichwort Eliteuni ENA. Der andere liege darin, dass es eine sehr maskuline Welt sei. Zudem sei es sehr schwierig, die soziale Selektion zu bekämpfen, meint Garrigou. Ein wenig anders sieht dies Said Hammouche, Chef einer Personalvermittlungsfirma, die sich auf die Förderung von Diversity spezialisiert hat: Auch wenn die Rekrutierungskanäle in erster Linie für den Mangel an Vielfalt verantwortlich seien. Doch es gebe sehr wohl ein Reservoir an KandidatInnen, aus dem geschöpft werden könnte.

Bis zu 300 weitere Kabinettsmitglieder werden im Übrigen noch ernannt, schreibt die Libération. Da wäre also noch was drinnen! Was das Thema Geschlechtergleichstellung betrifft, ist die UMP im Übrigen in der Bredouille: Weniger als 30 Prozent Frauen sind auf ihren Listen – das Gesetz sieht vor, dass gleich viele Männer wie Frauen kandidieren müssen, ansonsten wird die staatliche Förderung gekürzt. Die Begründung von Parteichef Jean-Francois Copé: Man brauche so viele Abgeordnete wie möglich und deshalb könne man dieses Gesetz nicht einhalten. In der Nationalversammlung machte die Männerquote während der vergangenen Legislaturperiode im Übrigen ganze 81,5 (!) Prozent aus. Der Verein „Osez le Féminisme“ hat eine Karte erstellt, in der in Lila dargestellt ist, wo viele Frauen gewählt wurden – die Karte ist verdammt schwarz… Das zeigt, wie wichtig diese Diskussion ist.

Links:

Libération:

Parité, diversité… les cabinets verrouillés

Interview mit Alain Garrigou

Encore les mêmes castes au casting

Interview mit Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem

Législatives: Où sont les femmes?

Le Monde:

La parité non respectée à l’UMP, Copé „plaide coupable“