Heute ist endlich mein Artikel über Hossein Derakhshan, einem Blogger aus dem Iran, erschienen.

Der Mann verdient Respekt, und zwar nicht nur weil er sehr mutige politische Positionen vertritt, sondern allem wegen seiner Initiative für eine Annäherung zwischen Iranern und Israelis (das Bild wurde bei seinem Besuch in Tel Aviv aufgenommen).

Link: „Editor: Myself“ – Blog von Hossein Derakhshan



„Muss mich wohl auf ein paar Monate Gefängnis vorbereiten“

Strenge Internetzensur: Der iranische „Bloggervater“ Hossein Derakhshan kann in seiner Heimat nicht gelesen werden, sein Blog ist blockiert


Seit drei Jahren sind die Texte von Hossein Derakhshan im Iran nicht mehr zugänglich, der Blog des nunmehr in Großbritannien lebenden Journalisten wurde von der Regierung „geblockt“. Für den Exil-Iraner ein großer Verlust: „Ich kann meine frühere Leserschaft nicht mehr erreichen, das ist richtig frustrierend“, erzählt er im derStandard.at-Gespräch. „Aber viel schlimmer ist, dass damit auch meine einzige direkte Verbindung in den Iran gekappt wurde.“

Dabei ist der 32-Jährige in seiner Heimat fast so etwas wie eine Internet-Berühmtheit, manche nennen ihn gar den „iranischen Bloggervater“. „Ja, das ist schon irgendwie cool“, meint er auf die Frage, was er von diesem Titel hält. Verdient hat er ihn sich, weil er eine Anleitung zum Blogschreiben auf Persisch veröffentlichte und damit einen wahren Boom an Blogs auslöste.

Abdrehen, bevor sie zu populär werden

Das war vor sechs Jahren und damals hatte die Regierung das Phänomen noch nicht in seinem ganzen Umfang erkannt. „Anfangs wussten sie nicht, wie sie damit umgehen sollten. Erst vor ungefähr drei Jahren haben sie die Blogs entdeckt“, erzählt Derakhshan. „Zunächst übten sie Druck auf Blogger aus, die aus ihrer Sicht zu kritisch waren. Sie wurden vorgeladen und in einzelnen Fällen auch strafrechtlich verfolgt“, schildert er die Lage. Inzwischen setzt die Regierung in Teheran bereits früher an: „Wenn sie das Gefühl haben, dass ein Blog, der sich politisch mit dem Iran auseinandersetzt, zu populär wird, drehen sie ihn ab.“

Nach Einschätzung der „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) ist der Iran eines der Länder mit der strengsten Internetzensur weltweit. Nicht umsonst steht das Land auf der Liste der 13 Internet-Feinde, die von der Organisation erstellt wird. Allein im Jahr 2005 waren 13 Blogger im Gefängnis. Zwar ging die strafrechtliche Verfolgung der Internet-Kolumnisten nach Angaben von ROG im vergangenen Jahr zurück, aber das Regime beobachtet das Internet weiterhin mit Argusaugen.

23 Internetnutzer verhaftet

„Es hat gewissermaßen eine Verschiebung hin zur Kontrolle des Internet im Allgemeinen und zum technischen Ausfiltern bzw. Blockieren von Websites gegeben“, so ROG-Mitarbeiterin Katharina Rohsman zu derStandard.at. „Zu den Bloggern in Haft kommen noch weitere Personen, die wegen ihren Äußerungen im Internet in Haft sind – wenn auch in anderen Formen von Online-Publikationen“, fügt sie hinzu. Erst kürzlich schlugen die iranischen Behörden erneut zu und schlossen 24 Internet-Cafes und verhafteten 23 Internetnutzer, darunter elf Frauen (derStandard.at berichtete).

Auch Derakhshan könnte eine strafrechtliche Verfolgung drohen: „Und zwar nicht nur wegen meines Blogs, sondern wegen etwas, das viel essentieller ist für die Regierung.“ Denn weil sich der 32-Jährige nicht mit den einseitigen Darstellungen von Israel zufrieden geben wollte, machte er sich im Januar 2006 kurzerhand auf den Weg dorthin – und berichtete auch noch von der Reise. „Deshalb muss ich mich wohl auf ein paar Monate Gefängnis vorbereiten“, erklärt der Blogger.

Denn weil der Iran Israel nicht anerkennt, sind Reisen dorthin illegal. Dass die Existenz Israels nicht anerkannt wird, hält der Journalist für unsinnig. „Dieser Staat exisistiert, ob zu Recht oder zu Unrecht, das ist nicht mehr die Frage.“

Während seiner Reise traf er einige Landsleute, die sich in Israel niedergelassen haben: „Viele iranische Juden leben in Israel, viele sprechen immer noch Persisch und lieben das Land, in dem sie geboren wurden und aufgewachsen sind“, schilderte er seine Eindrücke in seinem Blog. Sein erklärtes Ziel: Den Menschen in Israel zu zeigen, dass es einen „anderen Iran“ gibt. Denn aus seiner Sicht wäre es wichtig, „dass diese Kampagnen der Entmenschlichung von beiden Seiten durchbrochen würden.“ Zu der Reise steht er nach wie vor: „Ich wünschte ich hätte mehr Zeit, Energie und Ressourcen, um diese Initiative fortzusetzen“, seufzt er.

Trotz der düsteren Aussichten im Falle einer Rückkehr in den Iran, hält er daran fest: „Ich möchte nicht so enden, wie diese dummen Exil-Iraner, die keine Ahnung haben von der Realität im Iran und die in einer Welt leben, in der alles Schwarz und Weiß ist.“ Dabei scheint Derakhshan erstaunlich gelassen: „Ich habe mir das selbst ausgesucht. Mir ist es lieber Probleme zu haben und bei meinen Landsleuten sein zu können als nur aus Angst davor, was mir möglicherweise passieren könnte, die nächsten zehn bis 15 Jahre im Exil zu bleiben.“