Nicht der Besuch in Straßburg allein war eine Premiere für mich. Absolut nervös war ich vor allem, weil ich zum ersten Mal an einer TV-Debatte teilnehmen sollte, eben dem Europäischen Quartett, dass die österreichische Abgeordnete Karin Resetarits auf TW1 moderiert. Ja, und mit mir am Podium saß kein geringerer als Daniel Cohn-Bendit

Irgendwie freute ich mich schon sehr darauf, denn TV-Diskussionen sind definitiv meine Leidenschaft (wenn auch mehr jene im deutschen und französischen Fernsehen): Ob der Presseclub, Anne Will, Berlin Mitte mit Maybrit Illner, Mots croisés oder A vous de juger – ich liebe sie alle ;-) .

Weil ich außerdem sowieso ständig den Fernseher mal anschreie, mal mit meinen Argumenten beglücke, hege ich insgeheim schon länger den Wunsch, irgendwann mal auch bei sowas mitzumachen. Umso mehr freute ich mich auf die Sendung, die es mir ermöglichte, sowas mal auszuprobieren… Und ich muss gestehen: Es hat Spaß gemacht!

Nichts desto weniger war ich unheimlich nervös, und um die Nervosität zu bekämpfen, ackerte ich mich noch durch allerlei Papiere und Artikel durch. Thema: Sollen Grüne und FDP in Deutschland bei der nächsten Bundestagswahl als Wahlbündnis antreten? Ein schwieriges Thema, finde ich. Spannend, aber schwierig. Denn ich kann mir kaum vorstellen, wie diese beiden Parteien ein gemeinsames Wahlprogramm zustande bringen sollen. Allein schon in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, und schon gar in der Frage der Atomkraftwerke sehe ich keinen gemeinsamen Nenner.

Umgekehrt aber zeigte die letzte Bundestagswahl ja mit der Debatte um die Jamaika-Koalition (denn keines der beiden Lager – Rot-Grün oder SPD-FDP und Union und FDP – hatte alleine eine Mehrheit), dass das Szenario nicht ganz unrealistisch ist, dass Grüne und FDP gemeinsam in eine Koalition eintreten. Spätestens bei etwaigen Koalitionsverhandlungen würde sich also die Frage stellen, wo sich Kompromisse finden ließen. Ja, und warum dann nicht schon vor der Wahl versuchen, solche zu finden, schließlich könnten beide Parteien gemeinsam stärker gegenüber einer der beiden Volksparteien auftreten.

Nichts desto trotz blieb ich skeptisch. Vor allem schwingt in der Debatte immer diese Sehnsucht nach „stabilen Mehrheiten“ mit, und ich kann das nicht ganz nachvollziehen. Ist es nicht das Wesen einer Demokratie, dass nach Kompromissen gerungen wird? Ja, ich gebe zu, viele davon nerven auch mich, viele davon kritisiere ich auch lautstark. Bloß halte ich trotzdem an meiner Überzeugung fest, dass es im Sinne des Pluralismus gut ist, wenn es verschiedene Parteien gibt. Immerhin vertreten diese durchaus unterschiedliche Interessen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen.

Es ist meiner Ansicht nach eine dumme Verkürzung, dass ein Staat nur dann gut funktioniert, wenn es keinen Streit in einer Koalition gibt. Nein, dieser gehört dazu, es ist sogar gut, dass es Auseinandersetzungen gibt, denn dann kommen auch verschiedene Argumente auf den Tisch – und genau das ist für die Meinungsbildung außerordentlich wichtig. Dass hier oft genug Populismus betrieben wird, ist mir durchaus bewusst. Dennoch denke ich, dass man sich dem stellen muss, sich damit auseinandersetzen. Das ist unangenehm, auch mir, aber er geht nicht weg, indem man es zu ignorieren versucht.

Vermutlich ist es genau diese Einstellung, warum ich so ein großer Fan von Diskussionssendungen bin, denn ich liebe diese verbale Auseinandersetzung. Auch wenn sie mich manchmal in den Wahnsinn treibt, aber trotzdem bin ich immer froh, die verschiedenen Meinungen gehört zu haben. Nur dann nämlich kann auch ich meine Positionen schärfen.

Aber zurück zur Sendung: Die Diskussion war auf alle Fälle sehr spannend für mich, auch wenn ich bestärkt in meiner Überzeugung rausgegangen bin, dass eine rot-gelbe Wahlplattform nur ein nettes Gedankenexperiment ist und wie Cohn-Bendit meinte: Bei etwaigen Koalitionsverhandlungen wird dies auf alle Fälle aktuell werden.