Als ich vor über 20 Jahren von Deutschland nach Wien kam, brauchte ich nicht lang, um festzustellen, dass die WienerInnen ein, sagen wir mal gespanntes Verhältnis zu den von ihnen „liebevoll“ Piefkes genannten Deutschen haben. Über die Jahre hinweg habe ich mich bemüht, dieser Hassliebe mit Geduld zu begegnen und es mir vor allem nicht mehr so zu Herzen zu nehmen, wie ich dies als gerade mal Zehnjährige in meiner Anfangszeit noch tat. Irgendwann gelang es mir, das alles mit Humor zu nehmen, denn viele meinten es tatsächlich eher neckisch, während ich es oft immer nicht so locker nehmen konnte und kann, wie ich mir das wünschen würde.

Immer wieder aber reißt mir der Geduldsfaden, zum Beispiel als ich im Sommer die Rubrik „Errata“ im Standard las, in der sich Leserbauftragter Otto Ranftl mit dem „Teutonischen in uns“ beschäftigte. Wegen der aktuellen Presse-Kolumne „Diese Deutschen“ musste ich wieder daran denken und habe beschlossen, den Blogeintrag  nun nachzuholen, den ich damals zu keinem Abschluss bringen konnte.

Es werde in Österreich das Licht nicht angemacht, sondern nur Salate, das Licht werde hingegen eingeschalten. Auch werde nichts eingetütet, also auch nicht eingesackelt – usw.usf., korrigierte Ranftl damals Begriffe aus Standard-Berichten. Mich erinnerte dies und die Presse-Kolumne an meine Anfangszeit in Österreich, als ich allerlei Dinge lernte, die man in Österreich anders sagt – oftmals begleitet vom Zwischenton des „Wie kann man nur?“. Ein Beispiel, an das mich der Artikel denken ließ: Wie kann man nur „Tschüss“ sagen? Diese Haltung begegnete mir oft, als ich diese damals noch verpönte Verabschiedung verwendete. Doch es hat sich was verändert. Schon seit Jahren höre ich Menschen, die sich mit eben diesem Wort verabschieden – und das hat keineswegs nur etwas damit zu tun, dass nun mehr Deutsche in Österreich leben. Nein, es sind „echte ÖsterreicherInnen“, die sich mit diesem Wort verabschieden.

Dieses Beispiel zeigt vor allem eins: Sprache ist nichts Starres, sondern sie verändert sich – ebenso, wie sich die Gesellschaft verändert. Ja, irgendwann ist diese Veränderung den meisten gar nicht mehr bewusst. Leider ist es mit den meisten Piefke-Worten nicht so wie mit dem Wort „Tschüss“, sondern bei ihnen schlägt der Ausbesserungswahn zu.

Leider nämlich geht es sehr oft nicht darum, dass man nicht verstehen würde, was die andere Person meint. Und genau das bringt mich dann auf die Palme. Wenn mich jemand auf „Melanzani“ ausbessert, weil ich mir die „Aubergine“ nun auch nicht mehr abgewöhnen werde, heißt das: Diese Person versteht eindeutig, was ich sage. Und doch ist es für sie nicht erträglich, sich nur über den ungewöhlichen Begriff zu wundern und die Konversation weiterzuführen. Nein, der Begriff muss weg!

Natürlich bricht mir kein Zacken aus der Krone, wenn ich den anderen Begriff verwende, immerhin weiß ich „ja eh“, wie man dieses Gemüse in Österreich nennt. Und die meisten Piefke-Begriffe wie Blumenkohl oder Rosenkohl, Tesafilm oder Prittstift uvm. habe ich mir ziemlich schnell abgewöhnt, denn ich wollte ja dazu gehören, wollte nicht „die aus Deutschland“ bleiben, sondern hier „zu Hause“ sein. Schade nur, dass viele Menschen in diesem „zu Hause“ so wenig mit ein paar anderen Worten umgehen können.

Eine Spitze zum Schluss kann ich mir nicht verkneifen: Wenn ÖsterreicherInnen schon so schwer mit etwas umgehen kann, das sie grundsätzlich sogar verstehen, dann ist es vielleicht kein Wunder, dass sie noch schwerer mit Dingen umgehen können, die sie nicht so gut verstehen. Aber solche Generalisierungen helfen nun einmal auch nicht weiter.