Im Moment befinde ich mich in schwindligen Höhen, besser gesagt auf einer unendlich hohen Palme, so sehr könnte ich mich über das ärgern, was sich in den vergangenen Tagen in der österreichischen Politik abgespielt hat. Es war eine ereignisreiche Woche – reich vor allem an Ereignissen, die mich daran zweifeln ließen, was für Leute da eigentlich unseren Staat führen. Und vor allem, für wie dumm sie eigentlich die WählerInnen halten?

Nein, es sei kein Kniefall vor dem größten Kleinformat gewesen, sondern er sei „vor den Bürgern in die Knie gegangen“, erklärte der neue SPÖ-Parteichef Werner Faymann im STANDARD-Interview angesprochen auf den Brief an den Herausgebers eben jenes Kleinformats, mit dem er den Richtungswechsel der SPÖ in Sachen EU-Politik „erklärte“.

Ja, klar! Eine einzige Umfrage, die die EU-Skepsis in Österreich aufzeigt und schon werfen PolitikerInnen all ihre bisherigen Positionen über Bord. Schließlich hatte die SPÖ die Position ja bislang immer noch brav verteidigt, dass es keine Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag geben müsse – inklusive Hannes Swoboda, der nun auf einmal alles anders sieht. Nein, das ist kein Kniefall vor irgendwem, es ist ein Kniefall vor der Schachsinnigkeit – und es ist vor allem eine Verhöhnung der WählerInnen.

Denn es ist allzu durchschaubar, dass die SPÖ genau jetzt, wo sie in der Krise ist, auf das so genannte Wahlvolk zurück greift in der Hoffnung, damit wieder Punkte gegenüber der ÖVP aufholen zu können. Genauso wie der Schachzug, den Politikwechsel auch noch einem Boulevardblatt gegenüber anzukündigen, das seit Monaten gegen die EU Stimmung macht, um sich an dessen vermeintlichem Erfolg anzuhängen. Joachim Riedl, dem anscheinend angesichts dessen auch die Luft weggeblieben ist, hat die Positionierung der SPÖ sehr treffend zugespitzt:

Sollte nach dem irischen Nein eine irgendwie geänderte Situation eintreten, etwa ein modifiziertes Vertragswerk zur Zustimmung anstehen, dann sollen der Zeitungszar Hans Dichand und sein Verbündeter HC Strache von der FPÖ ihren Willen haben. Bravo, das nennt man in der neuen SPÖ wohl Rückgrat.“

Bloß wie Altkanzler Franz Vranitzky ganz richtig anmerkte: „Aus Erfahrung ist eines klar: Wenn jemand für Strache oder für Westenthaler ist, dann wählt er auch Strache oder Westenthaler und nicht die SP, weil sie Strache-ähnlich agiert.“ Und: „Es gibt ein eindeutiges europapolitisches Defizit der Bundesregierung. Das kann man sicher nicht ausgleichen, indem man jetzt Volksabstimmungen verlangt. Der politische Erfolg macht keine Hausbesuche. Da muss man schon in die Arena gehen und kämpfen.“