Irgendwie fühlten wir uns wie auf der Veranstaltung von Nationalisten geraten zu sein, als der Herr Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zu einer Verteidigungsrede seines „geliebten Österreichs“ ansetzte.

Was genau ist in den SPÖ-Chef gefahren, als er bei der 1. Mai-Rede vor den Genossinnen und Genossen versprach, nicht zulassen zu wollen, dass „unserer Jugend eine neue Erbsünde“ angedichtet würde. Welche neue Erbsünde bitte? Und was bitte ist das überhaupt für eine Wortwahl eines Mannes, der Chef der SozialdemokratInnen ist?

Fast klang es, als würde Wolfgang Schüssel himself sprechen, als Gusi meinte: „Österreich ist eines der sichersten und besten Länder. Und das lassen wir uns von niemandem, egal wo auf der Welt, miesmachen!“ Diesen Zusammenhang überhaupt erst herzustellen, das ist reiner Populismus.

Vielmehr würde ich mir vom Parteichef der SozialdemokratInnen erwarten, dass er sich damit auseinandersetzt, dass das Familienleben in vielen österreichischen Familien anders aussieht als es das Bild „eines der sichersten Länder der Welt“ suggerieren würde: 90 Prozent aller Gewalttaten passieren nach Schätzungen der Polizei in der Familie und im engsten sozialen Umfeld. Das soll nicht heißen, dass alle Fälle so dramatisch sind wie jener in Amstetten – bzw. hoffentlich!

Aber Probleme zu thematisieren wäre weitaus wichtiger als pauschal den Patriotismus der ÖsterreicherInnen anzusprechen. Ohnehin ist es völlig unverständlich, warum Gusenbauer dem Inzest-Fall am Tag der Arbeit überhaupt so viele Worte widmete und dann auch noch die Sorge um das Ansehen Österreichs einen größeren Raum einnahm als jene um die Opfer und um die Aufklärung des Verbrechens.

Um das Ansehen Österreichs zu verteidigen, gibt es nur eine Methode: Dafür zu sorgen, dass das Verbrechen und mögliche Fehler der Behörden umfassend aufgeklärt werden und für den Fall der Fälle sichergestellt wird, dass Fehler nicht wieder passieren können. Und weil sich alle wegen der Euro so sorgen, da gibt es auch nur eine Methode: Sie ähnlich wie die Deutschen die WM zu einem rauschenden Fest zu machen und mit Gastfreundschaft zu brillieren.