Der Umgang von Innenministerin Prokop mit einer unveröffentlichten Studie belegt: Wahlkampf, nicht Integration ist ihr Interesse – Ein Komment@r veröffentlicht auf derStandard.at.

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Es fällt schwer die Aussagen von Innenministerin Liese Prokop nicht als Wahlkampfpropaganda zu sehen. Da ist einmal der Zeitpunkt: Prokop lancierte ihre Aussagen am Samstag und wie es der Zufall so will, stand nur einen Tag später die „Rede zur Lage der Nation“ auf dem Programm. Eine wunderbare Gelegenheit für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, einmal mehr Prokops Aussagen zu wiederholen. Am deutlichsten aber wird dies dadurch belegt, dass die von Prokop zitierte Studie nach wie vor nicht veröffentlicht wurde und sie auf Nachfrage jegliche Interpretationen auf einmal in die Hände der Wissenschafter legen wollte.

Damit muss jegliche Diskussion über dieses Thema bis auf weiteres im Bereich der Spekulationen bleiben. Heißt das nun, dass es kein Problem gibt? Das Gegenteil belegen Zahlen und Studien, die bereits veröffentlich wurden. Diese haben zwar nicht den Integrationswillen von MigrantInnen zum Thema, dafür aber die Hürden, mit denen diese im Alltag in Österreich zu kämpfen haben.

Laut Sozialbericht der Regierung steigt das Armutsrisiko in Österreich, besonders betroffen sind MigrantInnen: Über ein Viertel lebt in Armutsgefährdung. Zudem ist diese Gruppe auch deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen als InländerInnen. Erst vor wenigen Monaten forderte die EU-Kommission anlässlich der Präsentation des Fortschrittsberichts zur Lissabon-Strategie, dass Österreich mehr für die Integration von MigrantInnen auf dem Arbeitsmarkt tun müsse.

So sie einen Job haben, gibt es nämlich ein weiteres Problem, wie eine Studie über das berufliche Potenzial von MigrantInnen belegte: Fast die Hälfte der MigrantInnen arbeiten unter ihrer Qualifikation, selbst bei MigrantInnen der zweiten Generation ist dieser Anteil mit 30,5 Prozent noch relativ hoch. Besonders betroffen sind MigrantInnen aus der Türkei (!) und Ex-Jugoslawien.

Schließlich und endlich wurde diese Woche eine Spezialauswertung der PISA- Studie veröffentlicht, die zu dem Schluss kam, dass die Förderung von Kindern von MigrantInnen in Österreich relativ schlecht gelingt: Ein Fünftel der Kinder der ersten und zweiten Generation verfügen nicht über eine ausreichende Lese- Kompetenz, um die einfachsten Lese-Aufgaben des PISA-Tests zu bewältigen. Dazu kommt, dass die Leistungen nicht einmal dann besser werden, wenn die Familien schon länger in Österreich leben. Selbst in Frankreich, das von Ministerin Prokop als abschreckendes Beispiel genannt wurde, ist die Situation besser als bei uns.

Ist mangelnder Integrationswille der Grund für all diese Probleme? Dass dies in Österreich ebenso wie in anderen Ländern auch eine Rolle spielen wird, davon wird man ausgehen müssen. Statt aber Details zu nennen und damit zu einer differenzierten Diskussion über das Problem und deren Ursachen beizutragen, bevorzugte Prokop markige Sprüche.

Damit aber bestätigt sie nur eines: Das Thema Integration von MigrantInnen und deren Lage wird nur dann aufgegriffen, wenn man fürchtet, sie könnten zur Gefahr werden (Hintergrund der von Prokop zitierten Studie: Terroranschläge von London), oder aber wenn es für eigene Zwecke (im vorliegenden Fall Wahlkampf) instrumentalisiert werden kann.

Dass Integration so nicht funktionieren kann, liegt auf der Hand. Schlimmer aber noch ist, dass man damit Fanatikern in die Hand spielt, für die Aussagen wie jene der Innenministerin als weiterer Beleg für ihre Behauptung dienen können, dass MuslimInnen in Europa ohnehin unerwünscht seien.