Minarett-Verbot in Österreich: Nicht möglich? Wie Farid Hafez im Standard am 1. Dezember 2009 schrieb, ist die Frage eigentlich nicht mehr, ob ein Minarett-Verbot wie in der Schweiz möglich ist. Ganz richtig wies er auch darauf hin, dass Islamophobie in der politischen Mitte angekommen ist.

Leider ist es mehr als die politische Mitte. Auch die Regierung bzw. das Innenministerium, leistet mit ihrem Zugang zur Integrationspolitik einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu, dass das Feindbild Islam eher genährt denn bekämpft wird.

Allein schon durch die Ansiedelung der Integrations-Agenden im Innenministerium wird suggeriert, dass es sich bei der Integration um ein „Sicherheitsproblem“ handelt. Der Subtext lautet: Schutz vor dem militanten Islam bzw. dem Terrorismus. So wenig diese Gefahr verharmlost werden soll, so unzulässig ist es, Integration allein auf diesen Aspekt zu reduzieren. Vielmehr geht es um die Frage, wie der Zusammenhalt der Gesellschaft unter den Vorzeichen jahrzehntelang versäumter (!) Integrationspolitik gestaltet werden kann.

So wie Integrationspolitik im Moment aber gestaltet wird, trägt sie leider dazu bei, dass Trennlinien in der Gesellschaft verstärkt werden – vor allem durch die ihr zugrunde liegende Teilung Österreichs in Mehrheit und Minderheit, „echte ÖsterreicherInnen“ und „MigrantInnen“, „wir“ und „die anderen“.

Geradezu selbstverständlich wird davon ausgegangen, „die ÖsterreicherInnen“ seien eine homogene Gruppe, in der ein breiter Konsens über die Werte herrsche, die viele MigrantInnen „noch lernen müssen“. Allein schon diese etwas zugespitzte Formulierung der Basis, auf der die Debatten über die Integration geführt werden, verrät eine Hierarchisierung zwischen den beiden Gruppen.

Gerecht wird all das der Gesellschaft nicht, sehr wohl aber liegt ihr ein Generalverdacht gegenüber MigrantInnen im Allgemeinen und MuslimInnen im Besonderen zu Grunde: Sie sind noch nicht ganz auf „unserer Entwicklungsebene“. Genährt wird dieser Verdacht dadurch, dass in der Debatte die „Defizite“ oder „Probleme“ im Zentrum stehen, die MigrantInnen haben. Es wäre besser, würde endlich der Begriff „schlechte Chancen“ an die Stelle des Begriffs „Probleme“ verwendet würde.

Die beiden Schriftsteller Navid Kermani und Ilja Trojanow warnten unabhängig voneinander in Vorträgen hier in Wien davor, dass soziale Konflikte kulturalisiert werden. Zurecht merkte Kermani an, dass es andere Faktoren gibt, die Menschen voneinander trennen als Nationalität oder Glauben. Es sei ergänzt: Es gibt viele Faktoren, die Ursache dafür sind, dass MigrantInnen schlechtere Chancen haben, allen voran soziale und bildungspolitische. Durch die überdimensionale Betonung der ethnischen und religiösen Faktoren aber wird der Boden aufbereitet für Vorurteile, die auch in Österreich dazu führen könnten, dass eine Volksabstimmung wie in der Schweiz so ausgeht wie ebendort.

PS: Es scheint mir müßig, aber dennoch nötig zu sein zu betonen, dass die österreichische Verfassung und die österreichischen Gesetze für alle hier lebenden Menschen gelten. Müßig, weil es mir völlig unverständlich ist, dass so getan wird, als wäre das etwas Besonderes. Nötig aber, weil dies gerne einer Kritik, wie ich sie formuliere, entgegen gehalten wird. Dass der Wert der Demokratie immer wieder neu vermittelt werden muss, das zeigen leider auch Umfragen, in denen nicht nur MigrantInnen betrachtet werden. Auch die Ethnisierung dieses Faktums trägt zu dem bei, was Oben beschrieben wurde.

PPS: Einen hervorragenden Kommentar zum Schweizer Referendum hat Gudrun Harrer im STANDARD geschrieben: „Der Beginn eines Dammbruchs“