Jawohl, Wien ist rot-grün! Jawohl, es gibt ein neues Projekt in diesem Land! Schon lange gab es keine so positiven Nachrichten mehr, nachdem in Österreich Wahlen stattgefunden haben. Es ist eine Chance, eine wichtige Chance, die Michael Häupl und die SPÖ Wien hier angenommen haben. Denn endlich gibt es neben der Großen Koalition eine andere Alternative. Natürlich, Rot-Grün war bislang auf Bundesebene rechnerisch nicht möglich, in Wien aber wäre es schon einmal möglich gewesen und es ist schade, dass diese Möglichkeit nicht damals schon genutzt wurde. Aber gut, verschüttete Milch!
Sehr interessant fand ich die Krone dieses Wochenende. „Was Wien bei Rot-Grün blüht“ titelte sie und zählte jede Menge „schreckliche“ Dinge auf, die nun kommen werden. Zum Beispiel eine Mindestsicherung für Kinder und Jugendliche: Skandal! Oder systematische Unterstützung für „Schüler mit Schwächen“, für die es mehr BegleitlehrerInnen geben wird: Nicht auszudenken! Massiver Ausbau der Radwege: Um Himmels Willen. Oder die Ausdehnung des Parkpickerls, wenn die Bezirke es wollen: Gott behüte!
Zu denken gab mir allerdings Herr Gnam, von dem ich mir eigentlich eine scharfe Polemik erwartet hätte. Aber nein, er spielte die Rolle des Beruhigers: Es könne gar nichts passieren, denn die SPÖ habe das Rathaus ja im Griff. Genau dies ist ein Punkt, der wohl in den kommenden Jahren eine wesentliche Rolle spielen wird. Anders als viele KommentatorInnen bin ich nicht der Meinung, dass alles mit der Regierungsfähigkeit der Grünen Basis steht und fällt. Die SPÖ trägt eine mindestens genauso große Verantwortung für das Gelingen von Rot-Grün, denn sie muss die Macht auch tatsächlich teilen.
Es wird sicher nicht einfach, für beide nicht. Und es liegt ein hoher Erwartungsdruck auf beiden, immerhin liegt es an ihnen zu beweisen, dass es eine attraktive Alternative zur Großen Koalition und schon gar zu Schwarz-Blau geben kann. Keine einfache Herausforderung, aber eine lohnende!
Erste Erfahrungen zeigen, dass wir nicht allzu viel von Rot-Grün erwarten können, denn bei der SPÖ hat sich ja so gut wie nix geändert, denn nun hat sie keine lästige Grüne Opposition mehr.
Unfassbar ist, was wir beim Heizkostenzuschuss als rot-grünes Überraschungspaket erleben: Er wird nicht nur halbiert, sondern der BezieherInnenkreis wird noch weiter eingeschränkt, womit Wien nun eindeutig beim Heizkostenzuschuss das soziale Schlusslicht bildet. Vermutlich morgen starten wir daher eine E-Mail-Aktion auf unserer Homepage http://www.aktive-arbeitslose.at
Bei der Mindestsicherung war die Kritik der Grünen wohl schon mit Blick auf die angepeilte Koalition mit der SPÖ recht verhalten, obwohl diese aus rechtlicher Sicht zahlreiche Verschlechterungen mit sich bringt.
Daher haben wir auch eine E-Mail-Aktion mit unseren Forderungen an ein rot-grünes Regierungsprogramm an beitde Parteinen gestartet. Von der SPÖ kam erwartungsgemäß Null Reaktion, von den Grünen immerhin eine unverbindliche Antwort.
Das rot-grüne Regierungsprogramm strotzt nur so vor unverbindlichen Willenserklärungen ohne konkrete Zahlen, aber immerhin da und dort einige Verbesserungen die in Aussicht gestellt werden, insbesondere ein demokratischeres Wahlrecht.
So wie sich die GrünfunktionärInnen nun bei der SPÖ reinschleimen und auch schon voll am Marketingtripp sind, frage ich mich schon, wie das bei der nächsten Wahl ausgehen soll. Von der ursprünglichen Grünbewegung wird vermutlich leider immer weniger übrig bleiben. Da werden wohl so wie bei dieser Wahl noch mehr WählerInnen gleich SPÖ wählen …
Jednefalls werden die Menschen ohne Lobby, die Armen und Arbeitslosen, nun noch weniger Gehör finden …
Natürlich kann man an Rot-Grün einiges an Kritik üben, ich finde auch, dass die Grünen ein bisschen zu euphorisch an die Sache rangegangen sind. Nur sehe ich nicht, warum Menschen ohne Lobby weniger Gehör finden sollen, als wenn die Grünen nicht in der Stadtregierung wären?
Weil die Grünen nun als Minipartner in der Koalition alles brav mittragen. Jetzt wieder z.B. Bei der Erhöhung der Wassergebühren um 33%!
Jetzt gibt es eben überhaupt keine Oppositionspartei mehr die halbwegs auf Seiten der Armen und Arbeitslosen steht …