Der türkisch-zyprische Führer Mehmet Ali Talat dämpft jedoch im STANDARD-Interview die Erwartungen an die Zypern-Direktgespräche. Um den Konflikt rasch zu lösen, müsse intensiver verhandelt werden, sagte er Sonja Fercher. (Ein Interview für DER STANDARD)

STANDARD: Es scheint, als wären Sie und der Präsident der Republik Zypern, Demetris Christofias, gute Freunde. Dabei hat auch Christofias‘ Partei Akel beim Referendum 2004 den Annan-Plan zur Wiedervereinigung abgelehnt. Unterscheidet sich Christofias wirklich von seinem Vorgänger Papadopoulos?

Talat: Die Akel hat eine große Sünde begangen, als sie den Annan-Plan abgelehnt hat. Allerdings hoffe ich, dass die Akel und die griechischen Zyprer inzwischen verstanden haben, dass der Stillstand der vergangenen Jahre nicht haltbar war. Allerdings ist es für ein endgültiges Urteil noch zu früh, auch wenn die Vorzeichen ohne Zweifel positiv sind. Ich bin mir zwar hundertprozentig sicher, dass Christofias eine Lösung will – aber die große Frage ist, wie diese aussehen soll, beziehungsweise ob sie auch für die türkischen Zyprer akzeptabel ist.

STANDARD: Rund um das Referendum setzte ein Bauboom ein, der anhält. Auf der türkisch-zyprischen Seite werden Häuser auf Grundstücken gebaut, die einst griechischen Zyprern gehörten. Wurden damit nicht neue Hürden geschaffen?

Talat: Dieses Thema macht mir große Sorgen, denn es ist das einzige Thema, bei dem ich befürchte, dass wir keinen Kompromiss finden könnten. Bei allen anderen Problemen bin ich zuversichtlich. Sowohl die Frage von Entschädigungen als auch die Frage der Rückgabe wird von Tag zu Tag schwieriger. Noch dazu ist jeder im Norden auf die eine oder andere Art davon betroffen. Auf ganz Zypern gehörte nur 20 Prozent des Grundes den türkischen Zyprern. Die wirtschaftliche Entwicklung wäre massiv beeinträchtigt gewesen, hätten die türkischen Zyprer nur jene 20 Prozent des Bodens genutzt.

STANDARD: Ein weiteres heikles Thema bei den Verhandlungen ist der Abzug der türkischen Truppen: Wird das passieren?

Talat: Natürlich, aber nur im Rahmen einer Lösung. Eine symbolische Zahl wird natürlich bleiben, oder besser gesagt: Eine im Rahmen der Verhandlungen zu vereinbarende Zahl. Hier wird es auf die Garantiemächte ankommen, die Entscheidung liegt weder in der Hand der türkischen noch in jener der griechischen Zyprer.

STANDARD: Zuletzt gab es Irritationen wegen Aussagen, die Sie und der türkische Premier Erdogan zur neuen Republik Zypern gemacht haben. Wird es nun einen Staat oder zwei Staaten geben?

Talat: Sowohl das eine als auch das andere: Die neue Republik Zypern soll eine Föderation sein, die aus einem Bundesstaat und zwei Bundesländern besteht. Einige Kompetenzen sollen aber in der Hand der Bundesländer bleiben.

STANDARD: Sie sprechen davon, dass es in diesem Jahr eine Lösung geben soll. Halten Sie das für realistisch?

Talat: Wenn wir das Problem wirklich lösen wollen, können wir das schaffen – und wenn wir intensiver verhandeln. Ich schlage vor, dass wir uns öfter treffen.

STANDARD: Es soll wieder zwei getrennte Referenden geben. Was, wenn eine Seite erneut Nein sagt – wird Zypern dann endgültig geteilt?

Talat: Ich halte nichts von der Teilung, daher ist das keine Option für mich.