Raus bei der Métro-Station Barbès Rochechouart, mitten durch den Markt, der sich jeden Samstag unter der freischwebenden Métro-Trasse erstreckt, vorbei an den Zigaretten-Verkäufern, Halal-Metzgereien, Handy-Geschäften und mitten durch ein buntes Gewühl von Menschen: So gelangt man zum Centre Musical Fleury Goutte d´Or, den die Band Zebda Anfang Dezember 2011 zum Austragungsort ihrer drei Wiedervereinigungskonzerte in Paris auserkoren hat. Und sie hätten sich wohl kaum einen passenderen Ort als das MigrantInnen-Viertel Goutte d´Or aussuchen können, das sich östlich des Sacre Coeur am Fuße des Montmarte erstreckt.

Denn Zebda ist eine Gruppe von Musikern „issu de l´immigration“ (oder mit Migrationshintergrund, wie man im deutschsprachigen Raum sagen würde), die für sich beanspruchen, am politischen und sozialen Leben in Frankreich teilzuhaben – und die diesen Anspruch auch leben: Sie waren in ihrer Heimatstadt Toulouse politisch aktiv, unterstützten die Liste Motivé-e-s, die bei den Kommunalwahlen 2001 antrat und damals sogar fast 13 Prozent der Stimmen gewann, und sie kommentieren in ihren Liedern immer wieder die politische oder soziale Lage Frankreichs.

So ist denn auch Politik allgegenwärtiges Thema bei ihren Konzerten. Und es war auch die Politik, so das Selbstbekenntnis, das sie wieder zusammenbrachte, namentlich der amtierende französische Präsident Nicolas Sarkozy, der sich anschickt, im kommenden Jahr für die Wiederwahl zu kandidieren. Im Interview mit Le Parisien erklärt Magyd Cherfy, einer der drei Frontmänner von Zebda, mit ihrer neuen CD wollten sie der Stimme der Banlieue wieder mehr Gehör verschaffen.

Nicolas Sarkozy ist denn auch Thema beim Konzert in Paris: „Kürzlich sahen wir ihn im Fernsehen und er sagte: ‚Entweder Sie lieben Frankreich oder Sie verlassen es‘. Uns kann er damit nicht gemeint haben“, kommentiert die Band süffisant. Denn so selbstbewusst sie sich zu ihren migrantischen Wurzeln bekennen, so sehr beanspruchen sie für sich, in Frankreich zu Hause zu sein – oder wie sie in einem alten Lied singen: „On est chez nous„.

Es ist ein Selbstbewusstsein als MigrantInnen, das so manche irritieren mag, das aber den Anspruch der Band ausmacht: Ja, wir sind hier, wir gehören dazu, wir haben teil und wir prangern an, was uns stört. „Wir waren vor kurzem zu Besuch im Ministerium für nationale Identität“, erzählen sie etwa auf der Bühne. Für sie ein schauriges Erlebnis, denn: Sie trafen dort fast ausschließlich auf Weiße. Nicht anders das Bild von der Assemblée Nationale, dem Unterhaus des französischen Parlaments.

So ernst all diese Themen sind: Zebda macht aus, mit wie viel Lust sie ihren politischen Anspruch formulieren – und damit ihre Fans mitreißen. So kochte denn auch der Saal vor Motivation und so endete auch dieses Konzert mit der Hymne „Motivés“ – und mit vielen verschwitzten Menschen, die bis über beide Ohren grinsend den Ort des Geschehens wieder verließen. In diesem Sinne: Il faut rester motivées!