Vielleicht sollten sich PolitikerInnen und WahlkampfmanagerInnen in Zukunft mit einem psycholigischen Phänomen intensiver befassen: Den Bumerang-Effekt. Diesen definiert das Wirtschaftslexikon folgendermaßen: „Wirkung von Kommunikation (in erster Linie Werbewirkung), die genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie erreichen will. Die Gründe für dieses Phänomen liegen z.B. darin, dass die Aktivierung nicht zielgerichtet ist oder die Werbeaussage als unglaubwürdig empfunden wird.“ Man könnte auch sagen: Warum zum Schmiedl gehen, wenn man auch zum Schmied gehen kann?

Ruft man sich die vom Boulevard fleißig begleitete Krisenpolitik der deutschen Bundesregierung in Erinnerung, nimmt es wenig Wunder, dass eine Partei wie die AfD Erfolg hat. Es ist nur logisch, dass eine chauvinistische Politik der Regierung letztlich auch in der Bevölkerung ihren Widerhall findet bzw. diesen sogar verstärkt. Das ist nur eine scheinbare Ausnahme vom Bumerang-Effekt, immerhin treibt die AfD genaus dieses Argument auf die Spitze und scheint damit glaubwürdiger.  So erstaunt es wenig, dass laut Umfragen 91 Prozent der AfD-WählerInnen diese Partei mit folgender Begründung gewählt haben: „Achtet darauf, dass deutsche Interessen nicht zu kurz kommen“. Dass für die WählerInnen von CDU und SPD dieses Argument ebenfalls ausschlaggebend war, bestätigt nur dies – und führt zu einem traurigen Schluss: Statt um die europäische Idee ging es bei dieser europäischen Wahl um nationale Interessen. Und das in Zeiten der Krise…!

Ein anderes Beispiel für den Bumerang-Effekt ist Frankreich: Als der Front National bei den Kommunalwahlen triumphierte, machte Francois Hollande seinen bisherigen Innenminister Manuel Valls zum Premierminister. Der frühere Wahlkampfmanager des Präsidenten ist ein Politiker, der keinen Hehl daraus macht, dass er in Sachen Sicherheit und Migration am rechten Rand des linken Spektrums zu Hause ist.

Schon bei seiner Ernennung als Innenminister machte Valls mit markigen Sprüchen gegenüber Roma auf sich aufmerksam. Zynischerweise erklärte er damals, dass Integration auch eine Frage des sozialen Erfolgs sei. Dass dieser den Roma in den europäischen Gesellschaften eben weitgehend verunmöglicht wird, ist eine Reflexion, die man man von einem sozialistischen Politiker eigentlich erwarten könnte. Doch auf diesem Auge ist er leider blind, vielmehr schielt er mit dem anderen in Richtung Front National – genauso wie es auch Nicolas Sarkozy und seine Nachfolger taten und tun. Leider kann es nur wenig erstaunen, dass auf diese Art und Weise auch der Diskurs des Front National in der Gesellschaft immer akzeptierter wird.

So ignorieren auch in anderen europäischen Ländern PolitikerInnen und deren StrategInnen etwas, das auch ihre österreichischen KollegInnen seit Jahren bzw. inzwischen Jahrzenten ignorieren:  Genauso konsequent, wie KommentatorInnen darauf hinwiesen, dass das Schmied und Schmiedl-Argument für den Wahlerfolg der FPÖ Ausschlag gebend ist, wird genau diese Reflexion konsequent von PolitikerInnen und deren StrategInnen in Österreich ignoriert.

Wie ein französischer Freund von mir richtig bemerkte: Es reicht nicht, Wahlniederlagen bei gleichzeitigem Erfolg der rechten und extremen Rechten damit zu begründen, dass man die eigene Politik nicht gut genug kommuniziert habe, noch nicht genug Zeit gehabt habe, damit die WählerInnen die positiven Effekte dieser Politik erkennennen würden, dass einfach zu wenig WählerInnen wählen waren, usw usf. Denn die Wurzel liegt tiefer – so lange es sich nicht herumspricht, wird der Bumerang immer wieder zurückkommen.

Le Monde hat dazu eine spannende Analyse geschrieben: „Peut-on relativiser le score du Front National?“