„Die roten Rosen kosten nur 2 Euro“, meinte die Blumenverkäuferin zu mir. „Macht nichts, ein Geburtstag ist ein Geburtstag. Ich will trotzdem die da“, erwiderte ich und zeigte auf die wunderschönen Rosen, die sie gerade bearbeitete. Sich an seinem eigenen Geburtstag selbst einen Strauß Blumen schenken: Das mag albern klingen, diese Tatsache auch noch nebenbei gegenüber der Verkäuferin fallen lassen, um Glückwünsche abzustauben, vermutlich noch mehr. Macht nichts, ich mache mir so schon seit Jahren eine kleine Freude.

Auf die Idee, dass ich mir auch mit Kleinigkeiten diesen Tag zu etwas Besonderem machen kann, hat mich meine Mutter vor vielen Jahren gebracht. Ich war damals für ein paar Monate in Lausanne, um Französisch zu lernen, und mein 16. Geburtstag fiel in diese Zeit. Meine Mutter kam mich damals besuchen, wir übernachteten in einem winzig kleinen Hotelzimmer und als ich an meinem Geburtstag erwachte, hatte meine Mutter eine kleine Kerze angezündet, die sie vorher besorgt hatte und mit der sie mir in diesem winzigen Zimmer eine Freude machte.

Inzwischen ist diese kleine Kerze für mich zum Ritual geworden, wenn ich nicht zu Hause sein kann. Als ich meinen 30. Geburtstag in Paris feierte, fand ich mich in einem ebenso kleinen Hotelzimmer wieder – die kleine Kerze durfte natürlich nicht fehlen. Da sie für mich einen symbolischen Wert hat, hatte ich sie natürlich auch im Gepäck, als ich wenige Tage später wieder nach Wien zurückflog – und glatt den Sicherheitsbeamten verunsicherte, der mich dieses runde Ding mit dem Docht dann doch lieber auspacken ließ…

Ich erzähle nicht umsonst von diesen Erlebnissen im Ausland. Denn der Geburtstag ist für mich eine Erinnerung daran, dass ich woanders als in Wien das Licht der Welt erblickte und mich seither nie so wirklich niederlassen konnte und wohl auch wollte.

Irgendwie fällt es mir immer noch schwer, mich mit all dieser Vielfalt einzurichten, die mein Leben prägt: Geboren im Ruhrpott, die Eltern aus Kärnten, wo ich als Kind alle Ferien verbrachte, mit zehn Jahren dann Umzug nach Wien, wo ich nie bleiben wollte. Damals habe ich mir vorgenommen, dass ich nie länger in Wien bleiben will als ich in Essen gelebt habe. Irgendwann hatte ich diesen Punkt überschritten, heute liegt er bereits Jahre zurück und die Rechnung hat an Bedeutung verloren. An ihre Stelle trat die Sehnsucht nach einem Leben in Frankreich, wo ich mich so wohl fühle, und der Versuch vergangenes Jahr den Absprung dorthin zu schaffen.

Jetzt sitze ich an meinem Esstisch und die Tränen der Rührung wollen gar nicht mehr aufhören zu rinnen. Eine kleine Kerze habe ich dieses Jahr nicht, dafür aber diesen wunderschönen Blumenstrauß. Ich lasse die Gedanken schweifen und es taucht ein Bild auf von meiner letzten Geburtstagsfeier in Essen und meinen damaligen KinderfreundInnen.

Als nächstes sehe ich die Werdener Appeltaat, die mir meine Mutter Jahre später immer zum Geburtstag backen musste, weil ich nostalgisch geworden war und eine Erinnerung an Deutschland haben wollte. Dann tauchen Erinnerungen an meine Geburtstagsfeier im StudentInnenheim in Frankreich bei meinem Erasmus-Aufenthalt auf: Mein Zimmer hatte 9m2 und man möchte gar nicht glauben, wie viele Menschen da Platz finden können ;-) . Ja, und dann gibt es viele, viele Bilder von Feiern hier in Wien, von den vielen Menschen, die sie mit mir gefeiert haben und mir immer wieder aufs Neue eine Freude gemacht haben.

Heute bin ich froh, dass ich vergangenes Jahr doch nach Wien zurückgekehrt bin. Frankreich ist und bleibt  meine Wahlheimat. Aber bei all den Veränderungen, die es in meinem Leben in letzter Zeit gegeben hat, bin ich froh eine Basis zu haben, ganz zu schweigen von den lieben Menschen hier, die ich natürlich immer sehr vermisse, wenn ich nicht da bin. Die kleine Kerze bleibt aber ein Symbol für meinen Anker, den ich anstelle von Wurzeln habe und inzwischen liebend gern in meinem Heimathafen Wien setze – aber eben auch immer wieder woanders, denn das Wandern ist mir seit meiner ersten Wanderung von Essen nach Wien einfach geblieben. Aber das ist irgendwie auch gut so.