Kaum eine Woche im Amt, schon hört man auch von der neuen Regierung wieder die für Regierungen offenbar zum guten Ton gehörenden Drohgebährden gegen die EU. Das Problem: Die EU hat gegen die Quotenregelung für das Medizinstudium ein Verfahren gegen Österreich eingeleitet. Die altbewährte Lösung: Der EU die Verantwortung für etwas zuschieben, das eigentlich auf ein Versäumnis der heimischen Politik zurückzuführen ist.
Kanzler Gusenbauer bediente sich dabei gleich dramatischer Worte: Sollte die EU erneut Klage gegen Österreich einreichen, sei sie für „einen Ärztemangel“ verantwortlich, „der eines der besten Gesundheitssysteme der Welt gefährden könnte“.
So weit, so populistisch. Denn von der Gefahr eines Ärztemangels kann nun wahrlich keine Rede sein. Vielmehr geht es darum, dass der Zugang zum Medizinstudium in Österreich inzwischen beschränkt wurde, und für ausländische Studierende eine Quote gilt, also nur eine bestimmte Anzahl ausländischer Studierender von den heimischen Medizinunis aufgenommen wird. „Nicht EU-rechtskonform und unverhältnismäßig“, meint die EU-Kommission.
Es war also Österreich, das sich dazu enschloss, nur mehr eine begrenzte Anzahl Studierender aufzunehmen. Und es ist Österreich, das sich überlegen muss, wie es nun den Zugang zum Studium gestalten will, so dass er „EU-rechtskonform“ und „verhältnismäßig“ ist.
Eine Debatte genau zu diesem Thema ist natürlich unbequem, denn am Ende könnte klar werden, dass der neue Kanzler schlichtweg dazu stehen muss, dass der freie Hochschulzugang in Österreich Geschichte ist, von dem er doch so großmundig versprochen hat, dass ihn die SPÖ wieder hergestellt habe.
Aber weil man eben nicht gerne zugibt, dass man mehr versprochen hat, als man halten konnte, ist es allemal besser, einem anderen Akteur die Verantwortung zuzuschieben, und wer eignet sich für die Rolle des schwarzen Peters besser als die EU. Mit Angstbegriffen wie „Ärztemangel“ und Lobesworten wie „bestes Gesundheitssystem“ lässt sich auch schön von den eigentlichen Themen ablenken, denn das eine will man ganz sicher nicht haben – Skandal – und das andere will man auf keinen Fall in Gefahr sehen – so weit kommt´s noch. Gusenbauer, der neue Held im Kampf gegen Brüssel.
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