Unglaublich eigentlich: da witterte die FPÖ schon vor der Stichwahl vorsorglich Manipulationen – und dann halten es ihre eigenen WahlbeisitzerInnen offenbar nicht für nötig, bei der Auszählung der Stimmen dabei zu sein? Welch Offenbarungseid, den die Freiheitlichen hier vor den Augen der Öffentlichkeit geleistet haben. 
Denn wie ernst meint es eine Partei mit sich selbst und ihrer eigenen Politik, wenn ihre VertreterInnen geradezu immer und überall und vor allem in diesem Fall Skandal schreien, während ihre eigenen Leute nicht einmal da mitwirken, wo es sogar in ihrem ureigensten Interesse wäre, um den Skandal zu untermauern.

Zugleich zeigt die Wahlanfechtung leider auf, welche Defizite es im Demokratiebewusstsein in Österreich gibt. Juristen machen schon alles richtig, ich wusste nicht, hab nicht gefragt, keine Zeit gehabt, nicht gelesen, was ich unterschrieben habe: ein mündiger Staatsbürger, eine mündige Staatsbürgerin spricht so nicht. Fast scheint es, als sei gar nicht mehr klar, welch ernstes und wichtiges Ereignis eine solche Wahl ist. Dass Demokratie auch von den BürgerInnen ein Engagement verlangt, vielleicht sind die Wahlen sogar das minimalste, das sie von ihnen verlangt, wenn sie sich darüber hinaus nicht engagieren möchten oder können. 
Dieses Engagement gilt es zugleich mit großer Ernsthaftigkeit auszuüben. Allerdings untergräbt gerade die FPÖ genau diese Ernsthaftigkeit – allen Forderungen nach mehr direkter Demokratie zum Trotz – seit vielen Jahren. Es erscheint fast wie ein Treppenwitz, dass ihr genau dies nun auf den Kopf zu fallen scheint. 
Dennoch muss man ihnen ja wirklich fast dankbar sein, dass sie diese Anfechtung gemacht haben. Wir müssen ganz offensichtlich mehr über Demokratie reden, was sie bedeutet, was sie ihren BürgerInnen abverlangt und vor allem ermöglicht. Und wir müssen darüber reden, was Eigenverantwortung bedeutet. Denn die Demokratie ist eine zu wichtige Errungenschaft, um sie zur Episode des heiteren Bezirksgerichts werden zu lassen.