Es ist ein sonniger Frühlingstag und am Bassin de la Villette im 19. Arrondissement in Paris tummeln sich die Menschen, um die Sonne zu genießen. AnhängerInnen des Zentrumskandidaten Francois Bayrou nützen diese Menschansammlung, um Wahlkampfmaterial ihres Kandidaten unter die gut gelaunten SpaziergängerInnen zu bringen. Und sie sind nich allein: Eine KünstlerInnen-Gruppe hat eine „Botschaft der Imagination“ vor einem Brunnen aufgebaut und amüsiert das Publikum mit schräger Musik und Reden. Eine Vertreterin der „unsichtbaren Frauen“ meldet sich zu Wort, um kurz darauf zu verstummen – ganz so wie im Wahlkampf auch, wie die junge Frau meint.

“Eine andere Kampagne ist möglich!” So lautet ein anderer Slogan der Gruppe, der eine Stimmung zu treffen scheint. “Drôle de campagne” Es sei ein seltsamer Wahlkampf, schrieb kürzlich die Tageszeitung “Le Monde”. Es ist in der Tat ein seltsamer Wahlkampf, der schon verkorkst war, noch bevor er richtig los ging, nämlich als die Zukunftshoffnung der Sozialistischen Partei, Dominique Strauss-Kahn, in New York verhaftet wurde. Damals schien die Wahl für die PS gelaufen zu sein.

Doch sie hat sich derappelt und mit Francois Hollande einen Kandidaten gefunden, der die französischen WählerInnen überzeugen kann: Monatelang führte er die Umfragen an, weit abgeschlagen war der amtierende Präsident Nicolas Sarkozy.

Dieser wiederum zierte sich lang zu deklarieren, ob er überhaupt antreten würde. Dass dem so sein würde, daran wiederum zweifelte ohnehin niemand. Die Verkündung seiner Kandidatur wurde zwar medial groß inszeniert, doch in Wahrheit riss sie niemanden vom Hocker.

Und dann? Ja, dann kam Toulouse. Auf einmal schien es so, als hätte Sarkozy die Welle gefunden, auf der er im Wahlkampf reiten könnte. In den Umfragen holte er auf, zuletzt hatte er im ersten Wahlgang die Nase vorn und legte auch in der Stichwahl zu. Dort wiederum führt nach wie vor der Sozialist Hollande, doch dieser verliert an Terrain.

Bewegung in den Wahlkampf hat ein Kandidat gebracht, der von den Medien als “Volkstribung” bezeichnet wird: Jean-Luc Mélenchon von der “Linken Front”, zu der unter anderem die Kommunistische Partei gehört. Er luchste dem Sozialisten Hollande Stimmen ab und hat inzwischen sogar Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National überholt. Diese wiederum verlor Stimmen an Sarkozy.

Völlig ab- und sogar körperlich angeschlagen ist die Kandidatin der Grünen, Eva Joly. Auf den parteiinternen Hickhack, der von der Partei erst kürzlich hochoffiziell für beendet erklärt wurde, folgte ein Sturz in einem Pariser Kino, der sie ins Krankenhaus brachte. Ihren Wahlkampfauftritt in Nantes absolvierte sie mit Sonnenbrille. Sie werde noch die Überraschung der Wahl werden, kündigte die Parteisekretärin der Grünen Cécile Duflot an. Derzeit aber liegt die gebürtige Norwegerin in den Umfragen mit zwei Prozent an der Existenzgrenze.

Doch was ist zu erwarten für den 21. April und den 6. Mai? Der Ausgang der Wahl sei unvorhersehbar, analysiert “Le Monde”. Viele halten es für möglich, dass Sarkozy am Ende auch noch die Stichwahl gewinnt. Nicht umsonst ist die Nervosität bei den SozialistInnen groß. Francois Hollande erinnert an den 21. April 2002, als Jean-Marie Le Pen den Sozialisten Lionel Jospin ausstach und in den zweiten Wahlgang kam. “Wenn Sie sich denken, ich gehe erst zur Stichwahl, weil es da erst wirklich ernst wird, dann denken Sie daran, dass es auch wichtig ist, wer in die Stichwahl kommt. Gehen Sie also schon im ersten Durchgang wählen”, appelliert er.

Doch viele erinnern sich weniger an die Wahl 2002, sondern denken nostalgisch über jene im Jahr 2007 nach. Damals, so der Tenor, sei es um etwas gegangen. Auf all das lassen sich die KünstlerInnen am Bassin de la Villette nicht ein. Eins ist ihnen aber noch wichtig: “Es ist viel zu viel Angst im Spiel, aber man darf nicht auf die Sehnsüchte vergessen, die die Menschen haben”, meint einer der Künstler. Für den Wahlabend kündigen sie an, schon um 17 Uhr das Ergebnis zu verkünden, noch bevor es alle anderen wissen – und zwar auf den Champs Elysées.

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