Umstrittener Vor­tragender bei Schiller­symposium an der Uni Wien: Marinovic pflegt laut DÖW Kontakte zur Neonazi-Szene. Erschienen in: derStandard.at

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Der wegen der Auftaktveranstaltung zum Schiller-Kommers am 11. Juni an der Uni Wien unter Beschuss geratene Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) erwägt nun rechtliche Schritte gegen die Autorin des Protestbriefs Gudrun Hauer (derStandard.at/Uni berichtete). Wie der Vorsitzende Christoph Völk gegenüber derStandard.at/Uni betont, sei es weder im Rahmen des Symposiums im NIG noch beim Kommers in der Hofburg zu einem Verstoß gegen das Verbotsgesetz gegen NS-Wiederbetätigung gekommen. „Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen, ich bin RFS-Obmann und Mitglied der Olympia“, empört sich Völk.

Umstrittener Vortragender

Bereits zuvor hatte der RFS eine per Aussendung eine „Klarstellung zum Schillersymposium“ verschickt. Darin erwähnt werden auch „hochkarätige Persönlichkeiten“, die bei der Veranstaltung im NIG Vorträge gehalten haben, darunter Walter Marinovic. Für das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) ist der von Völk als „Kulturkritiker“ bezeichnete Vortragende allers andere als unproblematisch: „Marinovic ist sicher einer der bedeutendsten rechtsextremen Publizisten“, meint DÖW-Mitarbeiter Heribert Schiedel.

„Keine Berührungsängste“

„Er hat keine Berührungsängste zur deutschen neonazistischen Szene und überschreitet damit die Grenzen zum Neonazismus“, so Schiedel. Als Autor schreibt Marinovic unter anderem in der „Deutschen Stimme“, der Zeitschrift der rechtsextremen „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD). Als Referent trat er unter anderem bei Veranstaltungen des im Jahr 1999 behördlich aufgelösten „Dichterstein Offenhausen“ auf oder bei der laut DÖW rechtsextremen „Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik“ auf. Der österreichische Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer stellte in einem Gutachten im Februar 2005 fest, dass sich in deren Zeitschriften „immer wieder Beiträge mit neonazistischer und ‚revisionistischer Tendenz'“ finden.

Ebenso war Marinovic beim Jahreskongress der laut DÖW „rechtsextremen ‚Deutschen Gesellschaft für freie Publizistik'“ als Referent vertreten. Der Informationsdienst gegen Rechtsextremismus vermerkt auf seiner Homepage, dass auf den Kongressen dieser Gesellschaft unter anderem „Leugnung des Holocausts“ als Thema „im Vordergrund“ stehe. Zuletzt trat der vom DÖW als „Freiheitlicher Kulturkämpfer“ bezeichnete Vortragende bei einem Treffen in Erscheindung, das unter dem Motto „Tag der Gemeinschaft: Volksgemeinschaft leben“ stand. Pikantes Ergebnis der Tagung: Ein „Appell zu Württemberg am 30. Juni 2004: Wir fordern die Volksgemeinschaft“, zu dessen Erstunterzeichnern Marinovic gehört.

Völk: „Ausgezeichnete Persönlichkeit auf historischem Gebiet“

Völk sieht im derStandard.at/Uni-Gespräch in der Teilnahme von Marinovic beim Schillersymposium kein Problem: „Er ist eine ausgezeichnete Persönlichkeit auf historischem Gebiet und hat beim Symposium über Schiller referiert.“ Einwände gegen den umstrittenen Vortragenden wischt der RFS-Vorsitzende vom Tisch: „Es muss auf einer Uni möglich sein und es wird eine Demokratie auch aushalten, dass nicht nur Linke Vorträge halten.“ Im DÖW sieht man dies anders: Dass Persönlichkeiten wie Marinovic auf Uniboden referieren können, ist für Schiedl eine „neue Qualität“. (Von Sonja Fercher, derStandard.at)

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