Vor nicht allzu langer Zeit war ich in eine Debatte involviert, die ihren Ausgangspunkt bei Verschwörungstheorien genommen hatte. Mein Gesprächspartner war ein gebildeter, sich selbst als aufgeklärt und liberal bezeichnender junger Mann. Auf einmal schockierte er mich mit einer Aussage: „Sie (die Juden) sind mir aber trotzdem irgendwie suspekt, weil sie sich als auserwähltes Volk sehen.“
Warum aber ist ihm das suspekt? Eben weil die Nazis in Deutschland jene waren, die sich zu einer Art auserwähltem Volk der Herrenmenschen erklärten und im Namen dieser Ideologie Millionen von Toten zu verantworten haben. Einer Religionsgemeinschaft aber, die in den vergangenen Jahrhunderten durchwegs verfolgt wurde und deren völlige Auslöschung durch die Nazis geplant worden war, mit einem verbrecherischen wie dem NS-Regime gleichzusetzen, ist schon ein starkes Stück.
Angesichts der Realitäten aber finde ich diese Aussage sehr charakteristisch dafür, wie Antisemitismus auch heute noch glaubt, Rechtfertigungen zu finden. Nun scheint sich mein Gesprächspartner dessen nicht bewusst gewesen zu sein, auf meine Antwort auf diese Aussage folgte betretenes Schweigen.
Über Antisemitismus gestern und heute, über Israelkritik und die schwierige Gratwanderung zwischen berechtiger Kritik an Israel und überzogenen bis antisemitischen Äußerungen zur Rolle Israels im Nahostkonflikt hatte ich denn erst kürzlich eine sehr spannende Diskussion mit Heribert Schiedel, dem Antisemitismus- und Rechtsextremismus-Forschers des Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands. Hier gibt´s eine Zusammenfassung des Zara-Talks.
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