Eigentlich kann man nur sprachlos sein, wenn man verfolgt, welche Reaktionen die Aussagen des früheren Chefs des Bundeskriminalamts, Herwig Haidinger, ausgelöst hat. Die Vorwürfe selbst sind ausgesprochen schwerwiegend, vor allem jene im Zusammenhang mit der Causa Bawag.

Dass die ÖVP einen politischen Nutzen aus der Affäre ziehen wollte, ist zwar logisch. Welche Methoden sie dafür aber anwendete, ist skandalös. Denn wenn die Vorwürfe stimmen, hat sie versucht, den Apparat des Ministeriums zu ihrem eigenen politischen Zwecken zu nutzen – was wiederum ein eindeutiger Fall von Machtmissbrauch wäre.

So weit, so schlecht. Dass die ÖVP nun versucht, den Ball wieder ins Feld der SPÖ zu schießen, scheint ein fast schon verzweifelter Akt: Klubchef Wolfgang Schüssel sieht bei den Ermittlungen im Fall Kampusch „unverzeihliche Fehler der SPÖ“. Und er meint, dass die ÖVP sich nicht „die politische Verantwortung der SPÖ vor zehn Jahren in die Schuhe schieben lassen“. Ein nahe liegendes Ablenkungsmanöver, das aber letztlich ins Leere geht, denn der Frage nach der Verantwortung bei den Vorgängen im Zusammenhang mit der BAWAG-Affäre kann sich die ÖVP nicht so einfach entziehen.

Völlig irritierend aber ist das Vorgehen der SPÖ: Da wird publik, dass sich der Koalitionspartner möglicherweise unlauterer Mittel bedient hat, um im Wahlkampf bessere Karten zu haben. Und was machen Gusenbauer, Cap und Co? Sie geben sich streichelweich. Nicht die SPÖ erklärt die Koalition für gefährdet, sollten die Vorwürfe stimmen, sondern die ÖVP. Ja, sie erklärt es gar zum „Kriegsgrund“, sollte die SPÖ der Einrichtung eines Untersuchungsaussschusses zustimmen. Klar, für die ÖVP steht viel am Spiel – viel mehr als nur das Bestehen der Großen Koalition und der Sitz des Kanzlers.

Dass nun Klubchef Josef Cap mit einem U-Ausschuss droht, ist fast schon lieb, wäre es nicht so enttäuschend. Die SPÖ sollte damit nicht drohen, sondern vielmehr dem Antrag der Grünen zustimmen. Denn wenn es zutrifft, dass es in einem so sensiblen Ministerium wie dem Innenministerium zu Fällen von Machtmissbrauch gekommen ist, dann ist das auch eine politische und nicht nur eine strafrechtliche Angelegenheit. Und es ist eine Angelegenheit, in der die BürgerInnen das Recht, ja gar den Anspruch haben, dass sie gründlich geprüft und öffentlich diskutiert wird.

Vor allem aber es ist ein Paradebeispiel dafür, warum es so problematisch ist, dass die Einsetzung von U-Ausschüssen kein Minderheitenrecht ist: Genau in Fällen wie diesen würde nämlich dem Parlament die Rolle zukommen, als Kontrollinstanz der Regierung zu fungieren.

Einen guten Kommentar hatte der STANDARD bereits gestern, noch einmal besser aber gefällt mir jener von Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmidt.